Goldherrin Goldi - eine Autobiografie meiner Stute
81 Seiten, davon 21 farbige Abbildungen # zurzeit als PDF-Download-Version erhältlich; Buch-Erscheinungstermin: voraussichtlich Januar 2017

Aus dem Inhalt:

Meine Schimmelstute Goldi hat mich gebeten, in ihrem Namen eine Autobiografie zu
schreiben. Ihren Wunsch will ich gern erfüllen.
Goldi ist mit dem Namen Goldherrin in das Zuchtverzeichnis des Verbandes
Hannoverscher Warmblutzüchter eingetragen worden. Geboren ist sie am
25. März 1981 bei Landwirt Karl Busche in Algermissen, Kreis Hildesheim. In ihrem
Pferdepass ist der Stammbaum mit der Lebensnummer DE 331 311706881
eingeschrieben. Ihre Mutter ist Landesherrin, die wie alle ihre Eltern mütterlicherseits
im Hauptstutbuch des Verbandes aufgeführt ist. Ihr Vater ist der Hengst
Gardekürassier mit dem als Springvererber berühmten Vater Gotthard.
Gotthard entstammt dem Leistungsträger Goldfisch, der über Grande dieser
Hengstlinie die Eigenschaften Kraft, Härte und Ausstrahlung mitgegeben hat. So
entstand die leistungsstarke Blutlinie G in der hannoverschen Pferdezucht.
Dem gegenüber zählt die Kinglinie, die 1889 im Celler Landgestüt durch den
Einfluss des Vollbluthengstes Kingdom entstand, zu einer erfolgreichen Blutlinie, der
K-Linie. Diese Linie starb in den 50er Jahren fast aus, lebte aber durch den Hengst
Körling in Mecklenburg wieder auf. Durch seine Leistungen wurde er im Landgestüt
Neustadt Dosse Hauptbeschäler und zeugte die gekörten Hengste Kobold I, Kobold
II, Komparse, Kontakt, Kosmos I, Kosmos II und Kobold I. Als er mit der Stute
Lorelei zusammenkam, entstand Kolibri, der die King-Linie weiterhin aufleben ließ.
Kolibri ist also das Ergebnis der Zuchtverbände Niedersachsen und Brandenburg.
Die häufige Schimmelfärbung liegt den Hengsten Gotthard und Kolibri zugrunde.
Die Schimmel werden schwarz oder dunkelbraun geboren und erhalten erst nach den
Jugendjahren die weiße Farbe. Vor langer Zeit gab es auch sogenannte Albino-
Schimmel, die weiß geboren werden. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ist die
letzte Albino-Stute gestorben.

Ja, da bin ich nun, die Goldi.
JugendAls ich auf die Welt kommen sollte, hatte der gute Bauer Karl meine Mutter Landesherrin, man nannte sie Landi, schon ein paar Tage vorher genau beobachtet,
damit er die Zeit der Niederkunft nicht verpasste. Aber die Mutti hatte sich Zeit gelassen und wollte bei der Geburt niemanden dabei haben. So ist es der 25. März
geworden und mitten in der Nacht gegen ein Uhr hat sich Landi niedergelegt und in aller Ruhe zu pressen begonnen. Ich lag mit Kopf und Beinen vorn am Ausgang und
versuchte nachzuhelfen. Da fühlte ich eine Hand nach meinen Vorderbeinen greifen, die das Pressen der Mutti unterstützte. So hatte es der Karl doch geschafft, bei der
Geburt dabei zu sein. Ich bin nun ganz herausgeglitten und Mutti ist aufgestanden.
Dabei ist die Nabelschnur abgerissen und die Eihaut hat sich geöffnet. Dadurch konnte ich zu atmen beginnen.
Das Schönste kam dann, als Mutti mich ableckte; sie roch und schmeckte meinen Körper, ich den ihren, und wir fühlten, dass wir zusammengehören. Sie half mir beim
Aufstehen und zeigte mir die Milchquelle. Die ließ ich mir nicht zweimal zeigen, ich begann zu saugen und zu saugen. Doch da drückte mich etwas im Bauch, ich drückte
nach und etwas Schwarzes plumpste hinter mir in das Stroh. „Oh, da ist das Fohlenpech“, hörte ich Karl sagen, „die ersten Pferdeäpfel, sie sind während der
langen Tragezeit hart geworden.“
Ich wollte weiter saugen, aber Mutti legte sich ins Stroh und ich daneben.
Nun begann eine schöne Zeit. Mit den ersten Sonnenstrahlen ist Mutti aufgestanden, ich kam auch schnell auf die Beine und begann, wieder zu saugen. Der süße
Geschmack war köstlich und ich fühlte, wie die fette Milch mich stärkte. Bauer Karl war auch schon aufgestanden und schüttete Hafer in die Krippe. So bekam Mutti
Kraft und ich konnte weiter saugen. Doch plötzlich wurde es unruhig auf dem Stallgang, Karls Familie mit Tochter Tina vorweg schlich sich zu unserer Box und
bewunderte mich. „Oh, wie schön!“ rief Tina und wollte mich streicheln. Aber Karl hielt sie zurück und ließ mich ruhig weiter saugen. Dann hörte ich ein paar Klicks,
schielte zur Seite und merkte, dass ich fotografiert wurde.
„Die Kleine braucht aber nicht immer zu saugen“, meinte Hilde, Karls Frau, „sie muss sich auch bewegen.“
„Du hast recht“, sagte Karl, nahm den Halfter vom Haken und legte ihn Mutti Landi an, „ich wollte sie auch schon laufen sehen.“
Vorsichtig öffnete er die Tür und führte Landi hinaus, ich hinterher. Vor dem Stall auf der Wiese strahlte uns eine warme Sonne entgegen. Karl ging mit Landi an der Hand vorweg, ich folgte bei Fuß. Aber Mamis Schritte waren groß und ich musste bei jedem drei Trippelschritte machen. Dann löste Karl den Strick von Muttis Halfter und sie marschierte zu einem grünen Fleck auf der Wiese, wo die ersten Grashalme sprießten. Ich wollte Mami aber nicht weglaufen lassen und spurtete im Trab
hinterher.
„Schau mal“, rief Tina, „sie kann schon traben.“
„Ja“, freute sich auch Hilde, „so klein und schon so schnell.“
„Schnell ist sie“, bewunderte mich Karl, „aber ihr müsst wissen, Pferde sind Fluchttiere und müssen sich vor Raubtieren retten.“
„Hier gibt es doch gar keine Raubtiere“, erwiderte Tina.
„Richtig“, lachte Karl, „der Fluchttrieb steckt den Pferden im Blut. Vor Jahrtausenden waren sie ein beliebtes Fressen für die Wölfe, vor allem die Fohlen. Beim Reiten
müssen wir deshalb wissen, dass sich Pferde vor Unbekanntem schnell erschrecken und durchgehen können.“
Mutti hatte ihre Gräser erreicht, begann zu fressen und ich zu saugen.
Die Familie ist dazugekommen und Tina wollte mit mir spielen. Karl hatte ihr aber verboten, mich beim Saugen zu stören. Als Mami das Gras gefuttert hatte, ging sie
weiter und suchte andere Grasbüschel, ich hinterher. Und Tina auch, sie wollte mich fangen. Da erwachte der Fluchttrieb in mir und ich begann zu galoppieren. Bei Landi
angekommen, drehte sie sich gegen Tina um und ich stand nun hinter Mutti. Den Bauch vor Augen begann ich zu saugen und Tina drehte ab.
„Oh, wie schnell sie galoppiert“, rief Hilde, „die Milch hat eine starke Anziehungskraft.“
„So ist es“, stimmte Karl zu, „Milch ist ihr Lebenselixier.“
Als auch diese Grasschöpfe in Muttis Magen gelandet waren, entdeckte sie in der Ferne weitere Frühjahrsgräser und begann, dorthin zu traben. Mit blieb nichts anderes
übrig, als hinterher zu galoppieren. Tina hatte es aufgegeben, mich zu verfolgen, denn ich wurde immer schneller. Ein paar Baumstämme überwand ich im Sprung und
schon war ich wieder bei meiner Milchquelle.
„Das reicht jetzt mit der Bewegung“, erklärte Karl, ging langsam auf meine Mutti zu, nahm sie an den Halfter und führte uns zurück in den Stall. Die Box ist mit frischem
Stroh eingestreut, in die Krippe liegt Hafer, in der Raufe hängt Heu, Landi beginnt zu futtern und ich zu saugen. Was wollen wir mehr? Schlafen! Als die Milch langsam
versiegte, legte ich mich ins Stroh. Kurz danach legte sich auch Mutti nieder und ich kuschelte mich an ihren Bauch. Die ersten Bewegungen an der frischen Luft, vor
allem der Galopp, hatten mich angestrengt und ich bekam Muskelkater. Ich schlief schnell ein, auch Mutti legte den Kopf ins Stroh und so ruhten wir beide aus.
Nach zwei Monaten ging es dann zur Fohlenschau nach Celle. Dort sollte ich meine Form, meinen Charakter und meine Bewegungen zeigen. Dazu wurde meine Mähne
in kleine Zöpfe geflochten und mit weißen Bändchen fixiert. Mit meinen zwei Jahren hatte ich noch nicht erfahren, wie ich als Pferd auf den Anhänger steigen soll. Am
Halfter ließ ich mich schon führen, aber einen geschlossenen Pferdeanhänger hatte ich noch nicht gesehen. Mutti marschierte ganz brav hinauf und ich sollte hinterher.
Aber das war leichter gesagt als getan. Bauer Karl zog mich vorn, sein Sohn schob mich von hinten und Mutti beruhigte mich mit den Augen und ihre Gedanken sagten
mir, dass es neben ihr bequem, weich und warm sei. Ich aber wollte nicht in dieses Gefährt und blieb widerspenstig. Das dauerte dem Karl schließlich zu lange, er hob
mich auf, trug mich neben die Mutti, wo er mich mit meinem Halfterstrick an Muttis Halfter festband. So konnte ich mich auf dem Pferdeanhänger nicht drehen. Mutti
beleckte und lobte mich für meinen Mut.
Karl fuhr das Auto vorsichtig und langsam zum Landgestüt nach Celle, wo schon viele Stuten mit ihren Fohlen warteten. Eine solche Fohlengesellschaft hatte ich noch
nicht gesehen und ich begrüßte alle mit einem lauten Wiehern. Die Antwort war verblüffend, überall wieherten sie zurück. Als ich dann an der Reihe war, wurde
zuerst mein Körper im Stehen bewertet, Vorder- und Hinterbeine, Kopf, Rücken, Haltung, dann in der Bewegung, Schritt, Trab und Galopp. Dabei führte jemand die
Mutti am Halfter und ich lief nebenher. Die Pferdebegleiter hatten weiße Hosen und rote Pullis an, ein schönes Bild wie auf einem Turnier. Karl war mit meinem Ergebnis
zufrieden und ich wurde dann später in das Hauptstutbuch eingetragen.
Die Monate vergingen, Landi und ich, wir fühlten uns auf Karls Hof wohl; ich lernte das Wälzen, das ist wichtig, damit der Sand die Haut einpudert, nach der Arbeit den
Schweiß aufsaugt und Fliegen abwehrt.
Weihnachten nahte, das Reiten und der Umgang mit uns wurde mit fröhlichem Gesang begleitet und zum Fest bekamen Mutti und ich jeder eine Handvoll Möhren,
ein herrlich süßer Schmaus. Auch mein Geburtstag wurde gefeiert, der fünfundzwanzigste März war ein besonderer Tag und mit meinen nun drei Jahren sah
meine Statur schon recht kräftig aus.
Nun hieß es bald Abschied nehmen. Im Sommer bin ich von Algermissen nach Großburgwedel bei Hannover gezogen. Dort hat mich mein neuer Besitzer, der Will,
mit dem vierjährigen Schimmel Dux zu einem Bauern auf die Weide geschickt, einen ganzen Sommer lang. Das war eine herrliche Zeit: fressen, toben, wälzen nach
Herzenslust. Ein Bach floss neben uns, so hatten wir immer zu trinken. Der Bauer lachte uns einmal an und rief: „Jo, jo, Freten, Toben, Supen, sachte Gahn und Pupen,
dat slait hen!“
Wir haben dazu gewiehert, sind die Weide auf und ab galoppiert und haben uns ausgiebig gewälzt.
Der Sommer war schnell vorbei, Dux und ich wurden wieder in unseren Stall nach Großburgwedel gefahren und die Ausbildung begann. Dabei hatte Will immer darauf
geachtet, dass meine Hufe regelmäßig gerade gehobelt wurden und ich keine Hufeisen tragen musste. Auch mit der gebisslosen Trense konnte ich beim Grasen
nach dem Reiten die Halme besser aufnehmen und durchkauen.
Mit dem Dux hatte ich schöne Erlebnisse. Will hat uns auf dem Auslauf frei über eine niedrige Stange springen lassen, zuerst hintereinander. Dann hat er uns an den
Halftern mit einem Strick verbundenen und nebeneinander longiert, wobei er darauf geachtet hat, dass wir im gleichen Takt im Schritt gingen, trabten und galoppierten.
Als das klappte, hat er uns nebeneinander über den Sprung longiert. Das hat Spaß gemacht. Nach einigen Übungen hat er uns von der Longe befreit und wir sind mit
Peitschenunterstützung frei nebeneinander gesprungen. Als uns auch das gut gelungen ist, hat er auch den Verbindungsstrick zwischen uns abgenommen und wir
sind auf einen Zuruf zunächst auf den Zirkel nebeneinander getrabt, dann galoppiert und schließlich gesprungen. Er sah, welche Freude uns das Springen bereitete, rief
uns zu sich und lobte uns mit dicken Möhren. So gefiel uns der Unterricht! Das freie Galoppieren mit Springen nebeneinander wurde zu unserer Standarddisziplin.

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